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Brasilien verbietet Glyphosat

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Einleitung

In Brasilien, dem Land mit dem weltweit höchsten Verbrauch an Agrarchemikalien, ist der Wirkstoff Glyphosat vorerst verboten. Für den Agrarchemie-Konzern Bayer ist diese Entscheidung ein empfindlicher Dämpfer.

Eine brasilianische Bundesrichterin hat die Nutzung des weltweit verbreitetsten Herbizid-Wirkstoffs Glyphosat vorerst verboten. Konkret bedeutet dies, dass die bestehenden Zulassungen für Beikrautvernichtungsmitteln die Glyphosat beinhalten innerhalb von 30 Tagen aufgehoben werden. Gleiches gilt für sieben weitere Agrar-Chemikalien, die ebenfalls in Brasilien genutzt werden. Eine Neuzulassungen dieser Stoffe ist nicht möglich, bis die Gesundheitsbehörde des Landes, Anvisa, die Schädlichkeit der Wirkstoffe bewertet und ein endgültiges Urteil gefällt hat. Die Bewertung muss bis Ende diesen Jahres abgeschlossen sein, sonst drohen der Behörde Strafen.

Weitreichende Konsequenzen für die brasilianische Landwirtschaft

Seit 1974 ist Glyphosat als Hauptwirkstoff des Beikrautvernichtungsmittels Roundup des Unternehmens Monsanto erhältlich.1 Roundup ist ein Totalherbizid und wirkt unspezifisch. Das bedeutet, dass es für alle Pflanzen gleichermaßen giftig ist. Seine Anwendung in der Landwirtschaft ist daher auf spezielle Zeitpunkte limitiert, um Schäden an den Kulturpflanzen zu vermeiden. Das änderte sich 1996 als es Monsanto gelang, mit gentechnischen Verfahren eine Glyphosattoleranz von Bakterien auf Sojapflanzen zu übertragen. Felder mit gentechnisch veränderten, Glyphosat-toleranten Kulturpflanzen konnten nun auch während der Wachstumsphase mit diesem Wirkstoff behandelt und auf diesem Weg beikrautfrei gehalten werden.

Die Anwendbarkeit von Glyphosat und somit auch der Verkauf von Roundup und den dazu passenden gentechnisch veränderten Pflanzen nahmen daraufhin rasant zu. Heutzutage ist Roundup das am meisten verkaufte Beikrautvernichtungsmittel weltweit. Der US-amerikanische Agrarwissenschaftler Charles Benbrook schreibt, dass mehr als die Hälfte des weltweiten Verbrauchs von Glyphosat auf dessen Verwendung in Kombination mit gentechnisch veränderten Herbizid-toleranten Pflanzen zurückzuführen ist.

Brasilien ist einer der Hauptabsatzmärkte für Agrarchemikalien und gentechnisch veränderte Pflanzen. Im globalen Ranking der Anbauflächen von gentechnisch veränderten Pflanzen belegt das Land mit 50,2 Millionen Hektar in 2017 den zweiten Platz nach den USA - Tendenz steigend. In Brasilien wird neben der vorwiegend kultivierten gentechnisch veränderten Soja, gentechnisch veränderter Mais und gentechnisch veränderte Baumwolle angebaut. Die häufigste kommerziell genutzte Genmanipulation an diesen Pflanzen ist die Glyphosat-Toleranz. Mit dem Verbot eben dieses Mittels in Brasilien wird folglich die Nutzung für entsprechend gentechnisch veränderter Pflanzen überflüssig.

Bayer-Monsanto besitzt 39 von 79 genehmigten Patenten auf gentechnisch veränderte Pflanzen in Brasilien. Im Bereich Agrarchemikalien sind sie Marktführer mit rund 23 Prozent Anteilen. Durch das vorläufige Verbot bricht daher ein wichtiger Absatzmarkt für den Konzern ein. Dies stellt neben der kürzlichen Verurteilung von Bayer-Monsanto zu Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe in den USA weiterer Dämpfer für den Konzern dar.

Einige Landwirt_innen und die Agrarlobby äußerten sich besorgt zum Urteil in Brasilien. Eine Landwirtschaft ohne Glyhopsat scheint ihnen undenkbar. Andere Stimmen wenden sich gegen dieses Mantra der Alternativlosigkeit und helfen die Entscheidung in ihrem globalen Kontext zu verstehen. Auf der diesjährigen Hauptversammlung von Bayer sprach der brasilianische Aktivist Alan Tygel. Er klagte den Konzern an Umweltverschmutzung, Krankheit und Menschenrechtsverletzung in Brasilien zu fördern und die Profite nach Europa zu holen. Für viele Menschen, die vom Glyphosateinsatz und der industriellen Landwirtschaft negativ betroffen sind erscheint das Urteil somit als ein Hoffnungsschimmer – wie weit es trägt wird sich zeigen.

  • 1. Mittlerweile ist eine Reihe von glyphosathaltigen Beikrautvernichtungsmitteln erhältlich, die unter anderen Namen verkauft werden.
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Ein empfindlicher Dämpfer für den Agrarchemie-Konzern Bayer

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